Kölner Wochenspiegel berichtet

Köln –

(sr) Die Suppenküche am Appellhofplatz ist seit langem eine feste Einrichtung. Eine heiße Suppe gibt es für jeden, der sich wochentags um 21 Uhr in die Schlange stellt. 1995 hat sich der Verein „Gesundheit für Wohnungslose e.V.“ gegründet. Er stellt sich mit einem Wagen des mobilen medizinischen Dienstes montags und mittwochs neben den Wagen der Suppenküche.

Der Transit ist umgebaut zu einem kleinen Sprechzimmer mit einer Liege, einem Medikamenten- und einen Instrumentenschrank. Ein Arzt, eine Krankenschwester und ein Fahrer treffen sich vor Ort, um Wohnungslosen zu helfen. Mehr als eine erste Hilfe ist kaum möglich, ohne Apparate und ohne fließendes Wasser.

„Natürlich gibt es eine staatliche Gesundheitsfürsorge für Obdachlose“, erzählt Dr. Ulrich Mennicken, „die ist allerdings stationär, und die Hemmschwelle, dorthin zugehen, ist für viele sehr hoch“. Die ehrenamtlichen Teams des Vereins fragen nicht nach einer Versichertenkarte, halten keine Vorträge über Drogen- und Alkoholmissbrauch. Sie helfen einfach. Es handelt sich oft um Verletzungen, die sich entzündet haben, oder um Infektionen der oberen Luftwege. Hier können die Menschen einfach so ihr Leiden einem Arzt zeigen.

Das Fahrzeug und die Medikamente stellt das Gesundheitsamt der Stadt Köln. Die Leistungen erbringen alle ohne jegliches Honorar. Karlheinz Golibrzuch ist einer der Fahrer. Er holt seit rund fünf Jahren das Fahrzeug ab und bringt es zum Appellhofplatz. Krankenschwester und Arzt kommen mit der Bahn oder zu Fuß. Golibrzuch hat vier Jahre lang mit seiner Frau Suppe gekocht, erzählt er, das könne seine Frau aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr. Komplett aufzuhören sei ihm schwer gefallen, und so hat er den Medizinern seine Hilfe angeboten. „Ich kenne viele der Menschen, die hierher kommen, inzwischen gut, erzähle viel mit ihnen, höre zu. Ich bekomme viel zurück“.

Auch Gülsen Yigit kann sich nur sehr schwer vorstellen, jemals mit ihrer ehrenamtlichen Nebentätigkeit aufzuhören. Warum das so ist? Schwer zu erklären: „Ich gehe jetzt nach Hause und fühle mich gut“. Die 31-Jährige ist bereits seit sieben Jahren dabei. Sie kümmert sich um die Dienstpläne der Ehrenamtlichen. In ihrer bezahlten Tätigkeit arbeitet sie als Krankenschwester auf einer Privatstation. Wenn sie nach einer Achtstundenschicht zum Appellhofplatz kommt, ist das ein starkes Kontrastprogramm.

Dr. Ulrich Mennicken ist seit 2005 dabei. Er war bis zu seinem Ruhestand als Internist in einem Krankenhaus tätig. „Natürlich muss man sich von dem Leid der Menschen abgrenzen, sonst kann man das nicht machen. Trotzdem nimmt man manche Geschichten mit nach Hause“, sagt er. Circa acht bis zehn Patienten versorgen sie in der einen Stunde, abgewiesen wird niemand. Es dauert, solange es halt dauert.

Eine dicke Spendenkasse ist es nicht, was im Zentrum dieses Vereins steht. Er wird getragen von den Menschen, die anpacken. Rund 20 sind es meist, die Gülsen Yigit für den Dienstplan zur Verfügung stehen. Die Obdachlosen, die geduldig darauf warten, dass sie in das mobile Sprechzimmer eingelassen werden, zeigen durchweg großen Respekt und Dankbarkeit. Sie nutzen die Wartezeit für ein Pläuschchen über Weltpolitik oder über die täglichen Streitigkeiten.

Und sie sind sich einig: Meist werden „die Falschen“ geehrt, aber dieser Verein habe den Ehrenamtspreis „KölnEngagiert 2017“ echt verdient. Er wird im September an vier Einzelpersonen, drei Gruppen und zwei Schulen und ein Unternehmen durch unter anderem Oberbürgermeisterin Henriette Reker verliehen.

– Quelle: http://www.rheinische-anzeigenblaetter.de/28026878 ©2017

 

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